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Brief an meine Turnlehrerin

Liebe Elke,

in der Zwischenzeit bin ich ja erwachsen, daher nehme ich mir einfach mal das Recht raus, dich zu duzen. Außerdem ist das hier mein Blog, da kann ich sowieso tun und lassen, was ich möchte. Das war in deinen Unterrichtsstunden nicht der Fall. Erinnerst du dich noch?

Ach, was waren das schöne Zeiten! Als ich tränenüberströmt in deiner Turnstunde saß und du mich vor versammelter Mannschaft zusammengepfiffen hast, weil ich Angst hatte, einen Handstand zu machen. Als du mir erklärt hast, wie ungemein wichtig es für meinen weiteren Lebensverlauf wäre, einen Purzelbaum korrekt auszuführen. Denn schließlich wäre es wichtig, sich ordentlich abrollen zu können, wenn man auf einer Eisplatte ausrutscht. Ich kann mich noch gut an diese Argumentation erinnern … Die missbilligenden Blicke, wenn ich mal wieder die Langsamste war, das Kopfschütteln, als ich beim Weitsprung nur 1,80 Meter geschafft habe … Schön war‘s! Oder?

Ich weiß schon, dass ich dir nie gut genug war, nie hart genug gekämpft habe. Ich war dir immer zu weich. Dass ich von der Beweglichkeit her allerdings die komplette Klasse hätte in den Sack stecken können, das hat dich nie interessiert. Für dich zählte nur Leistung, Schnelligkeit, Tempo! Ja und dann saßen wir eines Tages beim Direktor. Du und ich. Mit verschränkten Armen und bockigen Gesichtsausdrücken. „Die hat angefangen“, schienen wir beide gleichzeitig zu sagen. Das war der Anfang vom Ende unserer Beziehung. Den Sportunterricht besuchte ich nie wieder – war bei einem „Genügend“ im Zeugnis auch nicht mehr wirklich nötig. Danke dafür!

Und aus diesem Grund schreib ich dir heute: Ich möchte Danke sagen!
Nämlich mir selbst. Denn ich habe es geschafft, trotz einer Lehrerin wie dir, Spaß & Freude an Bewegung und Sport zu entwickeln! Stell dir vor, ich trainiere in einem Fitness-Studio – so richtig hart mit Gewichten und so. Ich laufe sogar bei Wettläufen mit. Glaubst du das? Ja, ich bin immer noch langsam. Wusste ich‘s doch, wirst du dir jetzt denken. Aber weißt du was? Ist mir scheißegal, was du denkst. Denn es ging nie darum, Menschen wie dich stolz zu machen. Denn das, was ich geschafft habe, habe ich ganz allein geleistet. Und ich finde es wichtiger, dass man auf sich selbst stolz ist.

Das ist mir jetzt – 17 Jahre später – klar geworden. Und insofern, schick ich dir doch auch noch ein kleines Dankeschön. Denn ohne deine Art, wäre ich vermutlich nie diesen Weg gegangen. Und ich liebe den Weg!

Alles Liebe (und das meine ich so)!

Deine ehemalige Schülerin

Jeder auf seine Art!

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