Allgemein

Der 1. offizielle TURTLERUN

Umpf.

Was sagst du, wenn etwas passiert, was du nie für möglich gehalten hättest?

Umpf.

Ich glaube Umpf drückt ziemlich gut aus, wie man sich fühlt, wenn etwas wahr wird, wovon man mal geträumt hat.

Als ich irgendwann gegen Ende des Jahres 2013 festgestellt hatte, dass ich nicht so schnell laufen kann, wie die meisten anderen Menschen, die an Laufwettbewerben teilnahmen – und das obwohl ich vermutlich mehr und besser trainiert hatte als einige von ihnen (ich meine die, die „aus der kalten Hose raus“ starten) – da war ich erst frustriert und dann im Laufe der Zeit bestärkt, als ich merkte, es gibt ja noch soviele andere Menschen, denen es ebenso geht.

Doch wieso trafen wir uns nie bei solchen Läufen? Wieso hatte ich immer das Gefühl, alleine zu sein mit meiner Langsamkeit?

Weil man als langsamer Läufer/ Läuferin nix bei solchen Rennen verloren hat. Das denken zumindest die meisten. Ich würde nicht mal sagen, die meisten der Schnelleren sondern die meisten der Langsamen. Denn die Schnellen interessiert es oft gar nicht, was hinter ihrem Rücken – kilometerweit entfernt – passiert. Die sind ja quasi schon fast zuhause, wenn ich ins Ziel komme. Und wenn nicht, dann feuern sie mich vielleicht sogar an und feiern mit mir im Ziel. Keiner von ihnen wartet darauf, mich auszulachen, wenn ich nach doppelt so langer Zeit ins Ziel geturtlet komme. Aber irgendwie denke wir wohl insgeheim alle ein bisschen in die Richtung. Und bleiben zuhause, statt mitzulaufen.

2014 dann hatte ich mir schon den Ruf „der Letzten“ erarbeitet … ich durfte offiziell langsam sein. Das war quasi mein Job geworden 🙂 Und vielleicht erinnert ihr euch noch, dass ich mir einen Startblock „T“ (wie Turtlerunner) gewünscht habe, beim Bodensee Frauenlauf. Weil nach Startblock C oder D (10 Kilometer in unter 60 Minuten), die allgemeine Läufer-Zeitrechnung einfach aufzuhören schien. Und sorry, aber 10 Kilometer in 60 Minuten war für mich 2014 utopisch (und das war mein bisher bestes Laufjahr) und ist 2017 mehr als „nicht von dieser Welt“.

Und ich bekam meinen Startblock „T“.

Gemeinsam mit 10 langsamen Mädels und einer pinken Flagge auf dem Rücken startete ich als offizielle Schlussläuferin des Bodensee Frauenlaufes. Begleitet von zwei Zeitungsredakteurinnen – und was war das für ein Lauf! Ich kann mich nicht erinnern, jemals soviel Freude und Wertschätzung erlebt zu haben! Der fürsorgliche Security-Mann, der direkt hinter uns die Strecke abbauen ließ, immer darauf bedacht, dass wir ein gutes Gefühl hatten – ohne lästig zu sein – der uns mit den aufgeregten Worten „Sie kommen! Sie kommen!“ in sein Walkie-Talkie im Casino-Stadion ankündigte … woraufhin sogar die Siegerehrung unterbrochen wurde, damit unsere Ankunft nach 1 Stunde und 40 Minuten gebührend gefeiert werden konnte. Ehrlich, ich bekomme heute noch Gänsehaut und mir kullern die Tränen, wenn ich daran denke. Was für tolle Leute dabei waren! Das war der perfekte Lauftag für alle unperfekten Läuferinnen mit Talent zum Langsamlaufen. Danke an Verena & Patricia, die das möglich gemacht haben.

In meinem letzten Newsletter (kannst du hier nachlesen), habe ich schon darüber geschrieben, dass ich danach so einiges für eine Weile aus den Augen verloren habe. Aus gutem Grund (kannst du ebenfalls dort nachlesen). Und doch kehrt so manches zu dir zurück …

Die Schildkröte und ich

Jetzt komme ich langsam zum Punkt (mit Betonung auf „langsam“ – what else?). Ich hab mir insgeheim immer schon gewünscht und auch vorgestellt, wie es wäre, einen offiziellen Turtlerunner-Lauf organisiert zu bekommen. Einen echten Lauf für uns. Wo es nicht um Zeiten und Geschwindigkeit geht, wo es keine Sieger und Verlierer gibt – sondern nur glückliche, bewegte Teilnehmer und Innen.

Ich hab mir aber nicht vorstellen können, wie ich das organisieren sollte. Also hab ich den Gedanken in eine der hinteren Schubladen meines Hirns gepackt. Für irgendwann später. Und genau jetzt ist später.

Manchmal hilft dir das Leben da weiter, wo nicht weiterweißt.

Und plötzlich gibt es ihn wirklich. Den 1. TURTLERUN. Einfach so – ohne, dass ich viel dazu getan hätte. Stattdessen habe ich jemanden kennengelernt, der sich begeistern ließ. Und die Möglichkeiten dazu hatte, dies umzusetzen. Liebe Cornelia und lieber Jürgen – an dieser Stelle schonmal ein fettes DANKESCHÖN.

„Judith, wir machen in Liechtenstein einen Gesundheitskongress. Hast du nicht Lust dabeizusein?“ Ja, klar – Vortrag und so. Passt. Mache ich. Ich rede ja gern vor Leuten, hab ich schon viel zu lange nicht mehr. Also erzähle ich meine Geschichte, motiviere andere und mich selbst damit und passt. Eine Woche später ruft mich Cornelia nochmal an: „Wär das nicht super, wenn wir die Leute gleich zum Mitmachen animieren? Sowas wie einen Turtlerun organisieren?“

Umpf.

In Anbetracht dessen, dass ich selber verletzungsbedingt grad nicht laufen kann und trotzdem als „Lauf-Ikone“ einen 3-Kilometer-Lauf anführen soll … aahhhhhh, ich weiß nicht. Dann fällt mir was ein: Ich bin ja die Laufheldin der Nicht-Läufer und Langsamläufer. Der Unperfekten. Wie praktisch … das heißt, ich muss selbst auch nicht so perfekt sein – ich darf unperfekt sein (und trotzdem perfekt auf meine Weise). Ich darf verletzt sein. Ich darf „nicht laufen können“. Ich darf tun, was mir aktuell möglich ist. Ich darf am Schluss laufen. Und ich sage zu. Machen wir.

Es vergehen 2-3 Wochen, ich denke da gar nicht mehr weiter drüber nach. Bis mir Cornelia die Facebook-Ausschreibung zum Lauf sendet. Und da steht schwarz auf weiß:

Workshop – 1. TURTLERUN in Liechtenstein

Ich schau mir das an, ich schlucke. Schaue nochmal. Und realisiere erst jetzt so ganz langsam (!!), dass es jetzt wirklich einen offiziellen TURTLERUN gibt. Einfach so. Ohne großen Aufwand. Teilnahme kostenlos. Einfach so.

Umpf.

Für viele mag das einfach nur eine nette Mitmach-Aktion einer großen Veranstaltung sein. Viele werden nicht mal wahrnehmen, dass es diesen Lauf gibt. Viele werden nicht wissen, was das bedeutet. Aber für mich – und vielleicht auch für euch – bedeutet das was ganz Besonderes. Nämlich, dass jemand einen echten Lauf mit unserer Philosophie ins Leben gerufen hat. Wir bekommen einen echten RAUM.

Vor 2 Tagen fragte mich eine Kollegin in der Küche der gelben Fabrik, wo ich jetzt mein Büro habe (übrigens großartig, um Gespräche zu führen, Kontakte zu knüpfen – in der Küche ist es halt einfach am schönsten), was denn das heißt „Turtlerun“ – ob man da besonders langsam laufen muss oder „wie das geht“? Und danke, liebe Anna für die Frage! Denn genau darum geht es: Es gibt keine Technik, keine spezielle Laufweise oder ein Zeitlimit in die andere Richtung …

Turtlerunner hat für mich nichts mit einer Verhaltensweise oder einer Leistungsfähigkeit zu tun. Turtlerunner zu sein, ist für mich eine Einstellung.

Und zwar die Einstellung, dass es nicht nur „den einen Weg“ gibt. Dass es nicht nur „richtig“ oder „falsch“ gibt. Weder beim Laufen, noch sonstwo. Du kannst Turtlerunner sein und bei diesem Lauf – oder jedem anderen – mit 15 km/h ins Ziel reinlaufen oder du walkst gut gelaunt am Ende des Läuferfeldes 20 Minuten später ein. Das ist alles in Ordnung! Nichts davon ist falsch oder richtiger als das andere. Es geht darum, in Bewegung zu sein. In dem Rahmen, den du dir selber gesteckt hast und aus dem du vielleicht auch mal herausfällst, wenn du magst. Turtlerunner zu sein heißt, dass es nicht „nur so“ sondern „vielleicht auch anders“ geht. Das alles erlaubt ist, was gesund ist, was Freude macht und was einen in Bewegung bringt. Turtlerunner zu sein heißt, dass es keine Grenzen gibt, außer deinen eigenen.

Ich weiß nicht, ob am 17. September um 14 Uhr in Liechtenstein am SAL vielleicht drei Leute mit mir starten oder 30. Und es ist auch nicht wirklich wichtig, denn es werden – wie immer – die richtigen da sein. Vielleicht willst du dabei sein und ein Zeichen setzen? Denn das bedeutet es für mich. Wir setzen ein Zeichen. Dass es auch anders geht und trotzdem richtig sein kann. Dass schnelle und langsame Läufer durchaus gemeinsam an einem Läufchen teilnehmen können und jeder seinen Spaß daran hat. Wenn du mitmachen möchtest, dann melde dich bitte per e-Mail bei Jasmin Hutter an.

Mehr Informationen zum Kongress, zum Lauf und zum Vortrag findest du auf der Webseite vom GEKON. Es werden vor Ort noch einige Lauf-Shirts verlost und du kannst mein Buch gewinnen! Vielleicht bist du ja auch beim Vortrag dabei um 12 Uhr? Quasi das mentale Warm-Up für den Turtlerun um 14 Uhr.

Umpf. 

Das ist aufregend, oder?

3 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*