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Es gibt kein schlechtes Wetter…

Heute ist mal wieder ein besonderer Tag: Ich darf euch nämlich meinen Gastautor Götz Grammerstorff vorstellen. Vielleicht grübelt ihr jetzt, woher ihr den kennt … tjaaaaaa, ich gebe euch einen Tipp: 24-Stunden-Lauf in Rodgau. Daher kenne ich ihn nämlich und da Freundschaften zwischen Läufern nach einem Wochenende, an dem man (mehr als) 24 Stunden miteinander verbringt, besondere Freundschaften sind, ist es kein Wunder, dass sich unsere Weg hier wieder kreuzen. Götz war in Rodgau derjenige, der für den Spaß und die Knallersprüche sorgte und unsere Gespräche außerdem mit seiner Lauferfahrung bereicherte. In Zukunft wird er hin und wieder auf veganmarathon.com zum Thema Laufklamotten & Co. berichten und zwar in seinem ganz eigenen Stil – ich wünsche euch viel Freude beim Lesen und hin und wieder ein paar AHA-Effekte. Nun überlasse ich aber dem  dem lieben Götz das Wort. Denn der sagt …

„Es gibt kein schlechtes Wetter …“

Ein Gastartikel von Götz Grammerstorff

Jaja, wie der Spruch weiter geht, das wissen wir bekanntlich. Die gemeine Landschildkröte (Testudinata) wird die Tage immer träger, bis sie eines Tages in den Winterschlaf fallen wird. Turtlerunner lassen sich hingegen nicht beeindrucken. Gelaufen wird das ganze Jahr über.

Bevor der erste Frost die Landschaft mit Raureif überzieht, sollte jeder Läufer mit entsprechender Kleidung ausgestattet sein, um auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt trainieren zu können.

Gute Laufklamotten kosten richtig Asche. Zum Glück gibt’s mittlerweile ein so breites Sortiment, um sich modular ankleiden zu können. So muss auch der Einsteiger nicht für jede Temperatur-Region das komplette Set an Kleidung kaufen. Das Sortiment wird nämlich auch so beworben, als dass man den Eindruck gewinnen kann, man müsste bei kalter Witterung in 5 Grad-Schritten immer ein anderes Komplett-Outfit tragen, bis man bei Minus 20 Grad Celsius angelangt ist. Pustekuchen, ab Minus 10 wird’s ohnehin unerträglich und alles von da bis zu sommerlichen Temperaturen kann sich der Jogger fantastisch zusammenstellen, ohne ein Vermögen auszugeben.

Fangen wir an mit der Winter-Praxis: Grundsätzlich kann man sagen, kleiden wir uns obenhin mit zwei Schichten. Die innere soll unsere Wärme speichern, die äußere den kühlen Wind und andere Witterungseinflüsse fern halten. Darunter empfiehlt sich noch ein Unterhemd für die optimale Schweißregulierung. So die Theorie. Machen wir es günstiger und ersetzen Unterhemd und Innenschicht durch ein Kompressions-Trikot mit kurzen Ärmeln. Die sind meist entsprechend gefertigt, um beide Funktionen ausreichend zu erfüllen. Für oben drüber reicht eine leichte Windweste oder eben zusätzlich ein Langarm-Jersey für kältere Tage – idealerweise mit Reißverschluss.

Praktische Kurzarm-Ergänzung

Weil wir auf Ärmel am Leibchen verzichten, können wir die Klamotte auch im Frühling und Sommer tragen. Was aber machen mit den beiden Gliedmaßen am Oberkörper? Die Lösung sind Armlinge. Die Reichen von Handgelenk bis knapp unter die Achseln. Im Radsport sind die schon Jahrzehnte im Einsatz und schon längere Zeit auch bei mir. Erst seit rund zwei Jahren nehme ich sie bei Joggern wahr. Läufer können vom Schnitt problemlos in den Radsport-Regalen suchen, die Textilröhren passen problemlos um des Läufers Arm. Die Hersteller der Biker bieten ein riesiges Sortiment und haben neben Standard-Armlingen auch welche mit aufgerauhter Innenseite (warm) oder mit spezieller Isolier-Membran (extrawarm). Wenn es sein muss, ist euer Arm in tropischen Gefilden.

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Gleiches gilt am Bein: wer mit Tights rennt, der kann mit Beinlingen oder Knielingen seine Buxe verlängern. Jedoch rutschen die Pellen gern am Oberschenkel runter, wenngleich Silikon-Bünde das verringern sollten. Daher wird hier anders kombiniert. Tights, die bis übers Knie gehen – im Fachjargon 3/4-Tights genannt, auch wenn sie meist nur etwas mehr als 1/2-Tights sind – sind für mich ein fantastischer Kompromiss, der auch im Sommer tragbar ist. Wenn es dann mal frischer an der Wade ist, packe ich meine Kompressionssocken aus, die dann unterm Knie bündig mit der Hose abschließen. Wird’s dann doch frostiger und der Wind pfeift durch die Maschen, muss dann doch eine Winterhose her, die das ganze Bein umhüllt. Aber nehmt ein Modell mit gemäßigtem Temperaturbereich, denn warm wird es euch bei körperlicher Ertüchtigung trotzdem.

Auch im Schuhbereich lässt sich was tun. Bei Regen oder Schneematsch wird’s auf den Pfaden rutschig. Winterschuhe haben daher oft auch eine gemäßigte Cross-Sohle und das Obermaterial ist wasserabweisend und bisweilen sogar wasserdicht. Da muss aber auch nicht die Winterwunderwaffe ans Geläuf geschnürt werden. Ein Dampfbad müsst ihr der Hufe nicht zumuten.

Leichte Handschuhe und ein Mützchen runden das Outfit ab. Hier tut es die Billigware vom Discounter oder Kaffeeröster. Ansonsten empfiehlt sich grundsätzlich Markenware. Denn das Material ist merklich besser und die Passform auch deutlich exakter. Und mit schlechter Klamotte macht das Training wirklich keinen Spaß.

Wer empfindlich am Hals ist, der findet mit den Buff-Tüchern – eine Art Schlauch – tolle Begleiter. Die lassen sich irrsinnig vielfältig einsetzen.

I’m running in the rain

Jetzt habe ich aber immer noch nicht das Thema Regenkleidung angesprochen, obwohl das kühle Nass von oben Winterwetter-Standard ist. Da bin ich auch sehr zwiespältig: Wir schwitzen, um unseren Körper zu kühlen – Stichwort Verdunstungskälte. Die Verdunstung kann nur stattfinden, wenn wir eine Oberfläche bieten für den Energieaustausch. Meines Erachtens nach gelingt das nur direkt am Trikot. Nebenbei bemerkt sollte bei kalter Witterung, gleichermaßen wie bei warmer, die Verdunstung kontrolliert ablaufen. Wenn wir jetzt eine Regenjacke drüber ziehen, befinden wir uns in einer Art Luftballon. Unsere Trikots geben die Flüssigkeit nach außen ab, aber gleiches macht die Regenjacke nicht. Da helfen auch Gore-Tex, Sympatex und andere atmungsaktive Membranen nicht weiter. Denn die lassen Feuchtigkeit nur in Form von Dampf nach außen durch. Und ich habe leider noch keinen Sportler gesehen, der in seiner eigenen Wolke läuft anstatt Schweißtropfen zu produzieren. Würden wir also versuchen die Flüssigkeit zu verdampfen, muss unser Körper zusätzlich Energie in Wärme umsetzen, um den Mechanismus in Gang zu bringen. Da übertrage ich lieber die Energie auf den Boden – ich möchte ja laufen und nicht Nebelmaschine spielen.

X-Bionic hat in seinen Regenjacken eine einzigartige Membran verbaut, die in der Tat Schweiß im flüssigen Aggregatzustand nach außen transportiert. Das allerdings auch nicht so schnell, wie wir den Schweiß produzieren. Zusätzlich werden durch Rückenpolster Kanäle erzeugt, durch die Luft – dank des Kamin-Effekts – durchpfeift und damit für Verdunstung sorgt. In der Tat mit das Beste, was auf dem Markt zu finden ist, sowohl technisch als auch von der Schnittführung. Jedoch lassen sich die rund 250 Euro getrost sparen. Alle paar Kilometer habe ich bei einem Testlauf genervt ein Schnapsglas Schweiß aus den Ärmeln gegossen.

Abgesehen davon ist es doch paradox: wir laufen, um zu schwitzen, sind dadurch ohnehin nass. Was wollen wir uns dann noch vor Wasser schützen? Eine Ente paddelt ja auch nicht mit Regenschirm über den See. Mit anderen Worten, ich verzichte auf Regenbekleidung.

Am Ende meines Beitrags möchte ich noch auf Materialien eingehen. Vergesst Baumwolle grundsätzlich beim Sport. Die Shirts saugen sich voll Schweiß und hängen herab wie ein nasser Sack, dabei reiben und scheuern sie an sämtlichen Stellen. Bei klassischer Sportkleidung werden deshalb Kunstfasern verwendet, wie Polyamid. Mit einem Anteil von Elasthan bleibt das wohl die nächsten Jahre die Wahl Nummer eins. Teilweise werden die Fasern mit Silber umhüllt. Das sorgt dafür, dass die Kleidungsstücke nicht anfangen zu stinken. Das klingt nach einem faulen Zauber, funktioniert aber wirklich 1A – antibakteriell ist das Edelmetall auch noch.

Sorry, es wird tierisch

Die einzige Naturfaser, die Wärme spendet, atmungsaktiv und leicht ist, ist Merino-Wolle. OK, das, was daran vegan is(s)t, sind die Schafe, jedoch ist es nicht verkehrt, diese Gestricke in Betracht zu ziehen. Das Feine für das Näschen ist, dass Merino-Wolle keine Gerüche annimmt. Merino-Wolle und Sport – geht das überhaupt? Ja, denn sie kann 30% ihres Eigengewichts an Flüssigkeit aufnehmen und durch die Wärme unseres Körpers wird die dann wieder kontrolliert abgegeben. In den Genuss kommen die Schafe nicht. Wäre die Felloberfläche nicht mit Fetten benetzt, würde sich der Mega-Dreadlock vollsaugen wie ein Schwamm. Das Schaf kann die Wassermengen bestimmt nicht mehr erwärmen durch die Körperenergie, was bei kalter Witterung zu Unterkühlung führen würde. Im Gegensatz zu klassischer Schurwolle ist die des Merino-Schafs übrigens samtweich. Die einzelnen Haare sind deutlich dünner als die der Artgenossen.

In diesem Sinne, kommt gut durch den Winter. Im günstigsten Fall mit den Sommerklamotten, die ihr mit zusätzlichen Accessoires kombiniert. Aber zwiebelt nicht zu sehr, sonst klappt’s mit der Bewegung nicht mehr.

Bildquelle: X-Bionic

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