Allgemein lauftagebuch

In guten wie in schlechten Zeiten

Die Überschrift hört sich vielleicht so an als hätte ich gerade eine schlechte Zeit. Wenn wir mal von meiner tatsächlichen Laufzeit (Pace) absehen, dann ist das Gegenteil der Fall. Ich habe gerade eine sehr intensive Zeit mit vielen Änderungen in meinem Läufer- und Schreiberleben. Das ist auch gut so!

Eine bewegte Beziehung

Fangen wir mal damit an, wie es heute zu dieser wilden Überschrift kommt. „In guten wie in schlechten Zeiten“ kennen wir vermutlich von Hochzeiten, Filmen über Hochzeiten und ein wenig hat es den Beigeschmack von „jetzt ist eh alles zu spät“. Im Klartext: aus der Sache kommt man nicht mehr so leicht raus.

Wieso ich über sowas schreibe? Ihr meint, abgesehen davon, dass ich bereits seit über 12 Jahren verheiratet bin? Wohlgemerkt mit ein- und demselben Mann. Heutzutage ja schon eine Leistung. Das Langstrecken-Gen steckt wohl doch irgendwo tief in mir drin.

Nein, ich schreibe deswegen über diesen wunderbar-beängstigenden Spruch, weil er auch sehr gut zu einer anderen Form der Beziehung passt. Nämlich der Beziehung zum Laufen.

Vor kurzem wurde ich auf meiner Facebook-Seite darauf angesprochen, ob ich nicht ein wenig Motivation schicken könnte. Aufgrund akuter Lauf-Unlust fühlen sich ein paar meiner Leser recht unlustig, wenn es um das wöchentliche Training geh. Dazu noch die früh einsetzende Dunkelheit, die doofen Stirnlampen und überhaupt – irgendwie ist nach einer gewissen Zeit halt mal die Luft raus. Oder?

Gut, ich bin ja gerade mal ein Laufeinsteiger, wenn man es mal auf die Gesamtdauer sieht. Was sind schon 2 Jahre? Da bist du noch frisch verliebt, hast Schmetterlinge im Bauch (meistens) und kannst dir keinen tolleren Partner der Welt vorstellen. Du findest ihn attraktiv und anziehend, ständig unternehmt ihr was gemeinsam, schmiedet Pläne. Ja und dann … irgendwie ist nach einer gewissen Zeit halt mal die Luft raus. Oder?

Bei diesem Thema kann ich nun wirklich mitreden, da bin ich nämlich Langstreckenläufer: Heutzutage über 12 Jahre verheiratet zu sein, ohne zeitweilige Scheidungsgedanken, ohne Ausflüge in die Herzen und Schlafgemächer anderer Menschen, das ist schon beinahe eine Leistung. Aber eigentlich auch nicht. Denn Leistung würde ja bedeuten, dass ich mich unglaublich anstrengen muss. Das Gefühl habe ich nicht, es geschieht – zum Glück – alles recht mühelos.

Beziehungsprobleme? Keine Zeit!

Langstreckenlauf und Langstreckenbeziehung sind sich also irgendwie ähnlich.
Bei beidem kann die Luft raus sein (im wahrsten Sinne des Wortes). Aber was ich in zwölf Jahren zufriedener und dennoch spannender Ehe festgestellt habe: es gibt ein Muster! Und dieses Muster ist beständig unbeständig. Es heißt Veränderung.
Bei uns geschieht permanent etwas. Ständig!
Es gibt kein ruhiges Jahr bei uns und ich muss gestehen: daran bin ich maßgeblich beteiligt. Entweder suche mir neue Jobs, schmeisse diese wieder hin, werde zum Frustesser, nehme 30 Kilo wieder ab, werde zur Läuferin, komme ins Fernsehen, beginne zu studieren, breche das Studium wieder ab (dazu zu gegebener Zeit mehr) … sagen wir mal so: in meinem Leben bleibt selten ein Stein auf dem anderen.

Aber ein Stein, der bleibt, wo er ist.
Nämlich zuhause. Das ist meine Beziehung.
Die ruht in sich.
Egal, was kommt.

Für Beziehungsprobleme habe ich schlichtweg keine Zeit (und vermutlich auch den falschen Mann, wofür ich sehr dankbar bin). So und ähnlich ist es mit meinem Laufen. Die Beziehung, die ich zum Laufen habe ist beinahe identisch. Ich besorge mir immer wieder verrückte Dinge, die ich tun will. Neue Ziele, neue Wettrennen, neue Projekte, um weitere Turtlerunner auf die Piste zu schicken, neue Laufstrecken, neues Terrain – das alles gibt mir Unmengen an Motivation.

Das Laufen und ich, wir sind ein Team geworden. So wie ich und mein Mann ein unschlagbares Team sind. Kein Wunder, wir üben das seit zwölf Jahren jeden Tag.

Mit dem Laufen ist es dasselbe. Üben, dranbleiben und zwischendrin mitten im Wald einen Lauf abbrechen und laut losbrüllen, dass man diesen ganzen Mist nicht mehr will – auch das ist erlaubt.

Die Wut auf dem Nachhauseweg rauslaufen, sich neu sortieren und überlegen, wo man hinmöchte.
Zwischendrin einfach mal laufen, um den Körper zu spüren.
Laufen, weil es die schönste Art ist, sich fortzubewegen.
Laufen, um die Natur zu erleben.
Nachts einen Berg hochlaufen, um das Lichtermeer über dem See zu sehen.
Durch das Dunkel laufen und die Geräusche der Nacht erleben.

Laufen, um zu laufen.

Ob euch das nun motiviert, oder eher weniger – ich weiß es nicht. Ich kann nur sagen, dass es mich motiviert. Und bestimmt kommt auch mal wieder die Phase, wo ich das Laufen einfach nicht mag und das Laufen mich nicht mag. Dann gibt’s halt eine kurze Auszeit, in der wir uns sortieren, neue, spannende Ideen produzieren und dann wird weitergelaufen.

Und wie lange?

Hm, gute Frage. Wer weiß das schon. Aber wenn’s schon heißt „in guten wie in schlechten Zeiten“, dann bleibt eigentlich nur eine Antwort auf diese Frage:
Bis der Tod uns scheidet 😉

Ja, ich will!

Terrainwechsel

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