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Heiße Zehen

Seit vergangenem Wochenende ist bei uns wieder alles weiß in weiß. Und alle Jahre wieder stellt sich die Frage: was für Laufschuhe ziehe ich im Schnee an? Diese Frage stelle nicht nur ich mir im Winter sondern auch Gastautor Götz Grammerstorff, der sich durch den Dschungel der Winterlaufschuhe und deren Zubehöre gekämpft hat.

Warm und sicher durch den Winter

Ein Gastartikel von Götz Grammerstorff

Das Auto versorgen wir mit Winterreifen, im Alltag schwören wir auf dicke Winterstiefel. Muss es wirklich sein, für ein paar Trainingseinheiten einen Winterlaufschuh zu erwerben? Wenn wir hochrechnen, dass wir für das Auto rund 100 Euro pro Schlappen zahlen und zudem ordentlich Geld für Stiefel ausgeben, damit uns im Supermarkt nicht die Hufe abfrieren, dann heißt die Antwort ganz klar: Ja, die paar Euro für einen Winterlaufschuh dürfen wir übrig haben!

Allein weil unser Hobby Spaß machen soll, brauchen wir es bequem. Und Bequemlichkeit heißt nicht etwa nur Flauschiges, sondern auch Warmes. Das war Grund genug für mich, vorletzten Winter mal wieder im Frankfurter Laufshop vorstellig zu werden. Mittlerweile, nicht nur durch den Erwerb der Winterschuhe, sondern auch durch Selbststudium bin ich schlauer geworden und möchte euch Tipps geben, was sich ein Turtlerunner (und nicht nur jener) am besten an die Füße schnallt.

Wann laufen wir und wo laufen wir?

Bei -10° C setze ich meist keinen Fuß mehr vor die Tür. Laufen als Hobby bedeutet nämlich auch in der Komfortzone zu bleiben. Und ab 30 cm Neuschnee muss ich auch nicht auf Rekordjagd gehen. Die speziellen Winterlaufschuhe – z. B. Crossover von La Sportiva – mit hohem und dicht an der Wade abschließendem Schaft, sind für mich absolut übertrieben. Es sei denn, ich plane mal ein Etappenrennen durch die russische Taiga.

Eine Alternative muss her. Der Regen- und Schlammschuh – gemeinhin bekannt als Trail-Schuh? Wirklich tolle Dinger, die der Cross-Spezi Salomon auf den Markt bringt. Obenrum viel atmungsaktive Goretex-Membran, untenrum eine Sohle, die sich richtig in den rutschigen Boden krallt. Was in tieferen Schlammpfützen, in morastigen Wäldern sinnvoll erscheint, muss nicht zwingend notwendig sein. Goretex ist wasserdicht und kann gleichzeitig Feuchtigkeit aus dem Inneren des Schuhs nach außen abführen. Die Füße schwitzen sowieso. Wenn dann mal noch Feuchtigkeit von innen rein kommt, soll das eben so sein. Ich hatte bisher noch nicht geplant, durch Bachläufe zu hüpfen, was wirklich zu stärkerem Wassereinbruch führen könnte. Die Sohlen von reinen Cross-Schuhen sind ähnlich aufgebaut wie ein Traktorreifen – hoch gebaute Lamellen mit breiten Zwischenräumen Krallen sich förmlich in den Untergrund. Wer meist auf Schotter läuft oder auf Asphalt, der wird alsbald Slicks haben und kein Winterprofil mehr. Sorry Salomon, aber will ich einen Schuh haben, den ich wirklich nur auf Schnee und Matsch laufen kann?

In der Stadt ist das undenkbar – zumindest in Europas mittleren Breiten. Und ich war auf der Suche nach einem Allrounder. Ein Schuh, der auch taugt, wenn es zwar kalt ist aber nicht dauernd regnet. Und ja, es gibt sie in rauen Mengen. Oftmals werden bekannte Modelle für den Winter einfach aus wärmeren Materialien geschneidert, unten eine Sohle dran gepappt, die auch auf losem Untergrund Haftung zeigt und fertig ist der Winterlaufschuh. So bin ich zum Jazz 14 TR von Saucony gekommen. Er ist warm, das Obermaterial ist wasserabweisend und damit für meine Ansprüche bestens geeignet. Untenrum ein paar Krallen, die breit genug sind und sich deshalb auf Asphalt nicht gleich auflösen. Bei Schnee geben sie dazu ausreichend Halt.

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Jazz 14 TR von Saucony – nettes Profil: hiermit läuft es sich immer gut.

Auch wenn mittlerweile fast jede Schuhmarke das Potenzial entdeckt hat, warme Puschen für den Winter zu verkaufen, möchte ich einen Schuh besonders erwähnen: Der Schweizer Hersteller On hat meiner Ansicht nach mit dem Cloudrunner Winter Edition das beste Schuhwerk für Winter-Turtles. Die Schlaufen der Sohle, auch Clouds genannt, dämpfen spürbar den Aufprall und schonen damit effektiv die Gelenke. Das ist besonders wichtig, wenn die Waage noch ein paar Pfund zu viel anzeigt. Die Winteredition des Cloudrunners wurde aus speziellen Membranen genäht, sodass der Schuh nicht nur winddicht ist sondern auch wasserdicht. Ob der Schweizer Schuh in der Praxis hält, was er verspricht, habe ich noch nicht testen können. Der patentierte Sohlenaufbau macht sich unterdessen super bemerkbar. Für nasskalte Tage im Wald oder auf Asphalt ist der Schuh bestens geeignet und reicht für die paar Schneetage im Jahr vollkommen aus (es sei denn, man wohnt in den Bergen, wie Judith, die Kaiserin der Turtlerunner).

Prima Klima im speziellen Winter-Cloudrunner von On / Bildquelle: on-running.com

Prima Klima im speziellen Winter-Cloudrunner von On / Bildquelle: on-running.com

Schneeketten & Co.

Ist der Pfad trotzdem mal zu glatt, gibt es noch „Schneeketten“ speziell für Laufschuhe. Das Geschirr von Yaktrax wird einfach um den Schuh geschnallt und ruckzuck krallen sich die Stahlstifte sichernd ins Eis. Ein günstiger Trick aus Uromas Zeiten ist eine Wollsocke, die über den Schuh gestülpt wird. Die große und feine Oberfläche der Wolle verringert zwar spürbar das Rutschen, aber nicht komplett. Daher sollte die Variante höchstens als Notlösung dienen, wenn man sich nicht auf den letzten Metern auf die Nase legen möchte.

Bei mehr als 20 cm Neuschnee darf die geneigte Rennschildkröte auch auf sogenannte Schneeschuhe zurückgreifen. Die vergrößern die Oberfläche und verteilen das Körpergewicht entsprechend so, dass wir nicht im Schnee einsinken. Die Fußabdrücke sehen deshalb aus wie die des Samson aus der Sesamstraße. Wenngleich sich auch einige Freaks damit ein Wettrennen liefern – dem Kreislauf reicht schon ein strammer Marsch die Almen hinauf. Garantiert schweißtreibend der Spaß. Wer genügend Ausdauer und Muskulatur sein eigen nennt, der kann sich mit den „Running“ von Atlas ausstatten für 150 Euro. Den Atlas Race gibt’s für stolze 300 Euro. Der ist leichter und leichter heißt in dem Fall auch mehr Spaß.

Auftriebskörper: Der Atlas-Schneeschuh speziell für Läufer hört auf den Namen Race. Bildquelle: atlassnowshoe.com

Auftriebskörper: Der Atlas-Schneeschuh speziell für Läufer hört auf den Namen Race. Bild: atlassnowshoe.com

Links:
www.frankfurter-laufshop.de
www.saucony.de
www.on-running.com
www.sportiva.com
www.salomonrunning.com/de
www.mckinley.de
www.yaktrax.com
de-at.atlassnowshoe.com/

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