Vergnügungsparks und im speziellen Achterbahn waren noch nie mein Ding. Auch als Kind nicht. Zusammengepfercht mit fremden Menschen den Launen einer Maschine ausgesetzt, die laute Musik, das Gekreische … und dann diese Geschwindigkeit! Mir war das immer viel zu schnell.
Aber eines Tages brachte man mich doch dazu, mich in so ein Höllenteil reinzusetzen. Ich war ca. 10 Jahre alt und durfte (oder musste?) ins Phantasialand nach Brühl. Dort gab es eine Achterbahn im Dunkeln. Es war unglaublich finster da drin. Meine Panik hielt sich aber in Grenzen, da ich ja nicht wusste, was auf mich zukam. Und ich habe überlebt. Das ständige Auf und Ab war zwar ungewohnt für die Magengegend, aber da ich keine Ahnung hatte, wann der nächste Schwung nach unten ging, war es für mich erträglich(er). Tja, wie im richtigen Leben.
Wie ihr vermutlich festgestellt habt, bin ich seit meinem letzten Halbmarathon (liebe Güte, das klingt, als würde ich ständig sowas laufen), etwas sparsam mit Blogartikeln oder sonstigen Bildchen und Einträgen auf der Facebook-Seite.
Ich bin kopfüber in die dunkle Tiefe der Läuferachterbahn gestürzt. Das, was ich nie in Betracht gezogen habe, ist plötzlich passiert.
Ich hatte keine Lust mehr aufs Laufen.
Wenn eine Sache, wie das Laufen, für lange Zeit so etwas wie dein Lebensinhalt war und es dann plötzlich von heute auf morgen weg ist, dann ist das ein grusliges, leeres Gefühl. Wie in der Achterbahn, wenn du in die Tiefe saust und dir nicht vorstellen kannst, jemals wieder nach oben zu kommen.
Man könnte jetzt sagen:
Na und? Du bist kein Profi-Läufer, du verdienst nicht deinen Lebensunterhalt damit – dann läufst du halt nicht. Wen juckt’s?
Mich.
Und zwar ordentlich. In den letzten Wochen habe ich sämtliche Register meiner alten Muster durchgespielt. Vom nur Rumliegen (gut, der Infekt und die Verletzung am Fuß begünstigten das ungemein), vom Blödsinn futtern (das brachte mir immerhin ein Plus von 4 Kilogramm ein) bis hin zum „die ganze Welt verachten“. Es war einfach alles doof.
Dann landete mal wieder ein Buch in meinem Briefkasten (habe ich schon erwähnt, dass Bücher manchmal tatsächlich die Welt verändern können? Zumindest die eigene.) und ich begann über das Gelesene nachzudenken. Ein ausführlicher Bericht zum Buch folgt demnächst, keine Sorge.
Aber was noch viel wichtiger war, als das Lesen und Nachdenken: ich bin vorgestern an meinem 35. Geburtstag direkt nach dem Aufstehen noch vor dem Frühstück in meine Laufschuhe geschlüpft und bin einfach so gelaufen. Ohne großes Ziel, ohne Plan. Einfach nur ich mit mir allein. Ein Motto-Lauf, mein „Geburtstagslauf“ – so wie ich es in meinem Buch auch schon geschrieben habe, denn Motto-Läufe sind toll. Und wer wäre ich, wenn ich die Tipps aus meinem eigenen Buch nicht beherzigen würde?
Ich lief 5 Kilometer.
Meine Hausstrecke. Die, die noch vor drei Jahren so unendlich weit schien. Bis auf 5 Minuten warmlaufen (das mache ich walkend), bin ich alles gelaufen. Alle Hügel, alle Steigungen, einfach alles. Turtle-Style im 9er-Pace. Und ganz plötzlich war das Gefühl wieder da – das, was immer da war und in den letzten Wochen wohl Urlaub gemacht hat. Dieses „Ich laufe und das ist sowas von richtig!“ war wieder da.
Ob die Krise jetzt überwunden ist oder ob die Achterbahn nochmal ins Bodenlose stürzt, weiß ich nicht. Ist ja schließlich alles noch dunkel. Aber in einem Anfall von „jetzt geht’s los!“ habe ich wieder angefangen nach „Vegan for fit“ zu kochen, denn ich brauche ernährungsmäßig einen Rahmen, in dem ich mich bewege – zumindest für eine Weile. Ich habe mir Trailschuhe besorgt und mich für einen Trailrun am kommenden Samstag angemeldet. Ich versuche gemeinsam mit der Turtle-Community, mir jeden Tag 3 Liter Wasser einzuverleiben – das ist unsere Monatsaufgabe. Und es läuft. Noch nicht ganz rund. Aber ich habe das Gefühl, ich bin wieder „drin“.
Und auch wenn ich diesen Artikel lange nicht schreiben wollte – denn wie sieht das denn aus, wenn du als großes Vorbild (so wurde ich tatsächlich im Bioladen mal begrüßt) – ein solches Tief hast? Ich kann doch nicht hergehen und ernsthaft sagen: Ich hab keinen Bock mehr aufs Laufen. Wenn ich grad ein Lauf-Motivations-Buch für Anfänger herausgebracht habe. Das geht doch nicht!
Doch. Das geht.
Und wisst ihr wieso? Weil ich nicht dafür bekannt bin, dass bei mir alles immer so unglaublich super läuft. Bei mir geht so vieles daneben und in Wirklichkeit hätte ich 1.000 Gründe dafür, alles hinzuschmeissen und die meisten Menschen würden das sogar verstehen. Aber so bin ich nicht und so sind auch meine Leser nicht. Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Und wenn’s halt mal ordentlich heiß ist, dann spricht nichts dagegen, sich ein Weilchen im Schatten auszuruhen. Das ist nichts, was man verheimlichen müsste.
Also, wenn’s mal wieder so richtig „schattig“ läuft, dann raus damit – reinfressen bringt auch nix (außer in meinem Fall vier Kilo mehr und tatsächlich mal wieder eine „7“ auf der Waage). Und dann turtlen wir einfach weiter, so wie es Freude macht. Die Achterbahn fährt auch wieder hoch, wenn sie runtergefahren ist. So ist das nun mal mit Achterbahnen. Das liegt in der Natur der Dinge.
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