Mein dritter Halbmarathon.
Mein dritter Halbmarathon am Samstag, den 17.09.2016 beim Bodensee Marathon in Kressbronn fiel in eine sehr bewegte Zeit in meinem Leben. Viele Emotionen, viele Veränderungen im Innenleben, viel Arbeit, viele neue Begegnungen … und dann dieses Wochenende:
Am Freitag tagsüber ein intensiver Workshop mit meinem Kunden – für mich eine Premiere, ich war urnervös und es lief super. Am Abend dann direkt zum Läuferforum in Kressbronn inklusive Pastaparty, ich war müde, erschöpft und bekam ein wunderbares Publikum und hatte einfach nur viel Spaß! Lernte dort mein Pendant kennen: Labello, den Landjäger-Mann, wie ich ihn nenne 😉 Ein Vortrag von mir über vegane Ernährung und langsames Laufen gefolgt von einer lebhaften Präsentation eines wahren Genussläufers, dessen liebster „Energieriegel“ vom Metzger kommt … passt das zusammen? Irgendwie schon, denn wir werden vom selben Spirit angetrieben. Sich selbst nicht so ernst zu nehmen und Spaß am Laufen haben – ohne sich verrückt zu machen. Ja, das passt. Und ich seh mich auch hier gerne als „Vermittlerin zwischen den Welten“. Wenn ich als Veganerin von einem leidenschaftlichen Fleischesser nach dem Vortrag umarmt werde, weil er es cool fand, was ich gesagt habe und wie ich lebe und laufe – dann ist das schon ein wichtiger Schritt zur Verständigung und öffnet Wege für neue Sichtweisen.
Am Samstag nach einer kurzen Nacht dann mein dritter Halbmarathon. Morgens war mein erster Gedanke: „Das schaff ich nicht!“ Mein Bein schmerzte, mein Rücken auch, ich war müde und erschöpft von den anstrengenden Tagen davor und überhaupt war ich nicht sicher, ob ich gut trainiert war. Obwohl ich einen Super-Trainingsplan von meinem Trainer Kristof hatte, den ich auch befolgt habe. Ich ging mit durchwachsenen Gefühlen an den Start. Davor hatte ich noch die Ehre von Gabriele massiert zu werden (das war neben dem Freistart mein Geschenk dafür dass ich den Vortrag gehalten habe). Und das war so cool! Gabriele arbeitet nach TCM und meinte, sie macht mir jetzt meinen Meridian „frei“ 😉 Ja, das hat sie getan – mein Gefühl wurde besser.
Ich ging mit meinem Mann zum Start – der Deal war, dass wir die ersten 2 Kilometer gemeinsam laufen, bis wir aus den Zuschauermassen raus waren, die mich immer nervös machen. Gefühlt war ich noch 12 x auf der Toilette vorher (in echt waren’s nur dreimal, aber immerhin). Im letzten Drittel des Startfeldes traf ich auf Vera, die im Turtlerunner-Shirt mitlief – extra von München angereist! So cool – immer schön, jemanden aus der Herde zu treffen!
Dann ging’s los. Bein war okay, zwackte nur ein bisschen. Dann kam der Punkt an dem ich meinen Mann weiterschickte und die Kopfhörer auspackte. Ich hab immer einen Mordsrespekt vor dieser Distanz. 21 Kilometer sind halt immer noch 21 Kilometer – das ist kein Spaziergang, zumindest nicht für mich. Mit Lemos „So wie du bist“ startete ich meinen Alleingang. Und ich hab keine Ahnung, was es war – aber ich hatte ernsthaft Kilometer um Kilometer nur Freude im Herzen und in den Beinen.
Klar, Schmerzen kamen auch. Aber ich konzentrierte mich auf eine Übung aus meinen Meditationen. Ich fokussierte mich auf einen Punkt vor mir – ein Blatt oder ein Shirt meiner Vorläufer und konzentrierte mich für ein paar Sekunden nur auf diesen Punkt. Alles andere ausgeblendet. Das habe ich immer gemacht, wenn ich dachte, es geht nicht mehr. Aber es ging! Und wie es ging … hin und wieder machte ich Gehpausen von 100 Metern, wenn das Bein meinte, es müsste meckern.
So lief ich Kilometer um Kilometer und hing meinen Gedanken und meiner Musik nach. Django3000 und Mainfelt trugen mich immer weiter. Hin und wieder musste ich das Tempo drosseln, wenn der Rhythmus zu mitreißend war. Zwischendurch hab ich sogar gesungen, wenn es die Luft zuließ. Ich hatte 21 Kilometer lang Spaß mit mir selber. Ich strahlte jeden an, an dem ich vorbeikam. Wahrscheinlich sah ich aus, als wäre ich auf Drogen und so hab ich mich auch gefühlt. Völlig high und gut gelaunt – trotz aller körperlichen Empfindungen. Es war so ein „Freilaufen“ von allem – von den letzten Tagen und Wochen. Es war MEIN Lauf. Nur für mich. Nur mit mir. 2 Stunden und knapp 39 Minuten lang war ich auf meinem Weg. Als ich auf dem letzten Kilometer von meinem Mann abgeholt wurde, war ich fast schon traurig, dass es vorbei war. Aber auch glücklich, es geschafft zu haben, denn viel mehr war körperlich nicht mehr drin.
Hinterher war ich froh, dass ich aus den Schuhen rauskam. 3 blaue Zehen, empfindliche Fußkanten und leicht verkrampfte Oberschenkel … aber sonst war alles gut! Danach ein alkoholfreies Weizen und dann nix wie zurück zum Auto – barfuß, versteht sich.
Denn ich hatte noch was vor … 3 Stunden Pause zuhause, kurz hingelegt und dann ab ins Dirndl und die vegane Lederhose – auf zum Oktoberfest meines Kunden. War ein Pflichttermin, da mein Papa dort Musik machte und meine halbe Familie vor Ort war. Ich war müde und glücklich und dann hielt es mich doch nicht. Ich tanzte dann noch 3 Stunden mehr oder weniger durch und hatte einen der schönsten Abende überhaupt im Kreise meiner Familie. Und so muss das für mich sein: Ich will nach so einem Lauf so gut drauf sein, dass ich hinterher noch feiern kann! Und das habe ich getan. Es war so ein Fest! Danke an alle, die dabei waren.
Heute bekam ich von Silke, die im Orga-Team des Bodensee Marathons ist, mein Finisher-Foto gesendet. Ich hab auch nach 21 Kilometern immer noch ein Lächeln im Gesicht und das ist gut so. So kann es weitergehen … ob Marathon oder nicht, werde ich sehen. Aber das Bild trägt mich immer noch. Vielleicht mach ich es ja irgendwann wirklich. Aber soweit bin ich sehr glücklich mit dem, was ich bisher erreicht habe. Und ganz Turtle war ich dieses Jahr nicht mehr: Ich habe insgesamt ca. 25 LäuferInnen hinter mir gelassen und das zeigt mir, dass der Weg richtig ist – die langsamen Läufer werden mehr! Wir trauen uns, mitzumachen. Langsam versteht sich. Und das ist schön! Danke an alle, die hier lesen, mich angefeuert haben, mich trainiert haben (Kristof – danke! Hat alles so super geklappt und ich liebe deine Trainingspläne – meistens zumindest 😉 ), die mich ausgehalten haben und an alle, die sich dadurch inspiriert fühlen, selbst mal die Lauf – oder Walkingschuhe zu schnüren. Man muss hinterher auch nicht unbedingt noch weitertanzen. Aber man kann, wenn man will.
8 Kommentare