lauftagebuch

Colorrun Berlin – im Farbrausch

Okay, ein kurzer Rausch war das. Und ich würd jetzt total gern schreiben, dass der Colorrun das ekstatischste Lauferlebnis war, das ich bisher hatte. Aber irgendwie ist es nicht so. Er war cool, ja – irgendwie schon. Irgendwie hat mir aber echt was gefehlt und ich weiß nicht, ob es an der Veranstaltung in Berlin lag. Denn es war mir von allem zu wenig.

Zu wenig Musik.
Zu wenig Farbe.
Zu wenig Leute.
Zu wenig Lauffeeling.
Zu wenig Festivalfeeling.
Zu wenig Party.
Zu wenig Kilometer.

Ich bin es ja gewohnt, dass wir beim Start alle so dermaßen auf- und angeheizt werden, dass du die ersten 2 Kilometer dahinfliegst und erst ab KM 2,1 spürst, dass dein Puls nur noch 2-3 Schläge bis zum Maximalpuls braucht. Und diese Endorphine, die dich da fliegen lassen, die brauche ich beim Start – das ist eines der Dinge, die ich total liebe am Laufen in der Masse. Dieses gemeinsame „Hell, yeah – es geht los! Wir alle gemeinsam! 3, 2, 1 – yiiiiehaaaa – JETZT!“

Und das fehlte irgendwie. Ein lascher Startschuss, aber okay. Bin trotzdem losgelaufen. Und freute mich auf die Farbstationen. Die waren auch ganz nice, aber um wirklich Farbe abzubekommen, musste man sich quasi in einer Reihe anstellen und dann war’s immer noch zu wenig. Bei der zweiten Farbstation machten dann die ersten „Läufer“ schon Pause. Überhaupt waren extrem viele Spaziergänger und wenig bis gar keine Läufer unterwegs. War lustig und auch ein wenig irritierend. Überall saßen Leute (also die Läufer) am Boden und machten Pause oder sie legten sich auf den Boden und wälzten sich in der Farbe (es ging wohl nicht nur mir so, dass es allgemein zuwenig war).

Lästerschwestern

Zuschauer gab es eigentlich gar keine, was ungewohnt war. Die Strecke wiederum war cool durch das Olympialände. Gut zu laufen, schön flach, teilweise mit Bäumen – richtig schön! Zwischendrin – wir waren immer wieder zwischen Spaziergängern und Schlenderern eingekeilt – konnte ich ein paar Gespräch aufschnappen. Zwei Mädels unterhielten sich über eine Läuferin, die weiter vorne lief. Sie trug eine knallbunte enge Laufhose in schreienden Farben. Geiles Teil, hätte ich auch angezogen! Sie hatte nicht die typische Läuferfigur (hallo? Wer hat die schon?), um es mal vorsichtig auszudrücken. Ich sag’s jetzt einfach grad raus: Sie hatte einen grandiosen Hintern. Ich fand das sah richtig super aus, sehr juicy, war halt was dran – wie bei mir eben auch – im Verhältnis zum restlichen Körper. Wir Birnen-Mädels sind halt so. Da gibt’s unten meist mehr zu gucken als oben – na, und?

Wild fand ich, dass die Mädels neben mir echt anfingen, darüber zu lästern, zu kichern und sich darüber ausließen, dass sie niemals so eine Hose anziehen würden. Goooottt, wie langweilig, ihr Lieben. Wieso denn nicht? Ich fand’s gut. Ich kam weiter nach vorne und hörte wie dort die nächsten Ladies über besagtes Mädel herzogen. Ich weiß nicht, ob sie’s mitbekommen hat, aber sie tat so oder das einzige Vernünftige: Gas geben!

Und das vielleicht als Zwischenfazit:

Wer bei einem Lauf – egal welcher Kategorie – noch die Zeit hat, sich das Maul über anderer Leute vier Buchstaben zu zerreißen, der hat seine körperlichen Grenzen definitiv noch nicht ausgelotet. Kein Wunder, dass ihr so unausgewogen seid. Laufen statt lästern!

Zurück zum Colorrun:
Mein persönliches Highlight waren 3 Männer. Einer (ein einziger!) feuerte uns tatsächlich an auf dem letzten Kilometer – ich hätte ihm glatt um den Hals fallen können, so dankbar war ich für sein Klatschen. Yeah, das war cool!

Dann freute ich mich auf den Zieleinlauf und rechnete fest damit, dass wir dort die ultimative Farbdusche und Party bekommen würden. Das einzige was ich bekam – und auch hierfür wieder große Dankbarkeit unbekannterweise – waren 2 junge Männer, die in der Zielkurve standen und uns zujubelten, die Hände zum Abklatschen ausstreckten und uns ins Ziel klatschten. Allerdings musste ich zweimal schauen, ob ich wirklich schon im Ziel war, denn es gab weder einen Kommentator, noch einen großen Jubel beim Einlaufen, noch Musik, noch sonst irgendwas. Eigentlich blieben alle nur plötzlich stehen. Und man bekam eine Flasche Wasser. Und einen Farbbeutel.

Ähm, ja. Okay. Ich bewegte mich dann zu einer Bühne hin, auf der ein DJ rumtobte und Elektrobeats durch die Menge jagte. Zwischendurch wurden Farbbeutel geworfen und zu einem bestimmten Zeitpunkt rissen alle die Beutel auf und bewarfen sich mit Farbpulver. Ich stellte mich mittenrein, um was vom Feeling abzukriegen. Aber Leute, das war mir einfach zu wenig. Das war nix Halbes und nix Ganzes. Es waren auch total wenig Leute da – ich meine, Berlin. BERLIN! Müsste da nicht alles pulsieren vor bunten Menschen und Farben und Freude und Energie und überhaupt? Irgendwie nicht.

War aber auch okay. War ein nettes Läufchen, ich sah hinterher aus, als hätte ich mich irgendwo schmutzig gemacht. Ich weiß nicht, wie lange ich gelaufen bin, gab ja keine Zeitmessung, aber es war mal was völlig anderes. Und in meinen Augen für jemanden, der noch absolut keine Laufbewerb-Erfahrung hat, ein total entspannter Einstieg in solche Geschichten.

Aber wie gesagt, keine Lauf-Ekstase. Was soll’s – man kann ja nicht ständig ekstatische Laufstürme erwarten. Manchmal tut’s auch ein laues (Farb)-Lüftchen.

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