Angenommen, du wärst bei bei einer der vielen Talente-Shows im Fernsehen – mit welchem Talent würdest du dein Publikum begeistern?
- Kannst du toll singen?
- Bist du vielleicht einer dieser Gummischlangenmenschen?
- Kennst du Zaubertricks, die sonst keiner kennt?
- Hast du eine besondere sportliche Begabung?
Nichts von alledem? Dann liegt die Vermutung ja nahe, dass du völlig talentfrei bist. Oder dass du ein Talent hast, das schlicht und einfach nicht fernsehtauglich ist – und das wiederum mag nicht das Verkehrteste sein, wenn man sich ansieht wieviel Quatsch dort tagtäglich ausgestrahlt wird.
Ich zum Beispiel habe so einige Talente. Laufen ist übrigens keins davon. Letzte Woche las ich einen Artikel, der in meiner Gruppe gepostet wurde, von Dr. Matthias Marquardt, der erklärt, dass manche Menschen einfach kein Talent fürs Laufen haben. Stimmt. Hab ich auch nicht.
Ich tu’s trotzdem.
Leidenschaft schlägt Talent
Ich werde niemals auf ein Siegertreppchen kommen – es sei denn, die gehen die Sache mal von hinten an, so dass die Letzten einen Pokal bekommen. Wieso gibt es das eigentlich nicht? Da gibt’s doch so einen Spruch von wegen „Die letzten werden die ersten sein“, oder so … sollte sich mal jemand zu Herzen nehmen, liebe Laufveranstalter!
Ich würde mich noch nicht mal als besonders sportlich bezeichnen, da in meinem Kopf – und ich vermute, nicht nur in meinem – das Wort „sportlich“ ganz anders definiert ist. Sportlich sind die Menschen, die aus dem Stand heraus 10 Kilometer laufen können, das locker unter 60 Minuten und dafür nicht mal trainieren brauchen. Das sind Leute mit Talent. Die sind sportlich.
Ich nicht.
Aber stimmt das so? Vermutlich. Vermutlich auch nicht. Kommt drauf an, wen man fragt. In unserem System sind wir gewohnt, dass man dafür belohnt wird, wenn man etwas gut macht (da ist er wieder, mein Pokal) und nicht dafür, dass man etwas gerne macht. Schade, eigentlich. Denn das hält so manchen davon ab, etwas auszuprobieren, worin er vielleicht Freude finden würde.
Tatsache ist jedenfalls: würde ich ausschließlich Dinge tun, in denen ich gut und talentiert bin, dann würde mir ganz schön was entgehen – wenn ich alleine an meinen gestrigen Nachtlauf denke, mitten im Dunkeln, oberhalb des Bodensees, die ganzen Lichter … es war wunderschön! Hätte ich niemals erlebt, wenn ich nur dass tun würde, worin ich gut bin. Denn dann würde ich weiterhin auf der Couch sitzen und mir Fernseh-Shows mit talentierten Menschen ansehen. Darin bin ich nämlich ziemlich gut!
Jetzt verrate ich aber noch ein Geheimnis, denn es gibt etwas, das meiner Meinung nach wichtiger ist als ein angeborenes Talent: Leidenschaft.
Oder was meint ihr, wieso Herbert Grönemeyer solche musikalischen Erfolge verzeichnen kann? Bestimmt nicht, weil er die perfekte Singstimme hat. Er hat bestimmt ein grandioses Talent im Lieder schreiben, texten, dichten, Musik arrangieren, Instrumente spielen und vieles mehr. Und durch eben die nicht perfekte Singstimme wird seine Musik authentisch, unverwechselbar, einmalig. Sei jetzt mal dahingestellt, ob man ihn gut findet oder nicht, darum geht es nicht. Er tut etwas, worin andere wesentlich begabter sind – und ist damit äußerst erfolgreich.
Man muss nicht in allem gut sein, um es gerne zu tun.
Und deswegen bin ich dafür, dass wir diesen Monat November den Dingen widmen, die wir lieben. Die uns glücklich machen. Auch wenn – oder gerade weil – wir eben nicht gut darin sind. Ich werde diesen Monat November dazu nutzen, mehr davon zu tun, was mich glücklich macht, unabhängig davon, ob ich gut darin bin oder nicht.
Deswegen werde ich nächsten Samstag beim Vollmondlauf an den Start gehen. Das zweite Jahr in Folge. Diesmal weiß ich allerdings schon vorher, dass ich sehr wahrscheinlich von dem Radfahrer begleitet werde, der mit dem letzten Läufer mitfährt.
… vielleicht krieg ich ja doch irgendwann mal einen Pokal dafür? 😉
Und jetzt geht raus und tut Dinge, die euch Freude bereiten!
Wenn ihr noch Anregungen braucht, schaut doch mal bei Katrin und Daniel von bevegt rein – sie haben kürzlich über das Thema „Veränderung“ geschrieben. Übrigens auch eines meiner Lieblingsthemen.
20 Kommentare