Ich stelle in letzter Zeit fest, dass wir Menschen doch häufig dazu neigen, so manches als selbstverständlich zu betrachten. Wenn wir einmal etwas erlangt, geschafft und/oder bekommen haben, gehen wir einfach davon aus, dass alles so bleibt wie es zum Zeitpunkt des Erreichens beschaffen war.
Wir erklimmen einen Gipfel und freuen uns.
Doch bevor es auf den nächsten Gipfel geht, geht es erstmal bergab und dann wieder anstrengend bergauf. Wenn wir ein neues Auto bekommen, bleibt das nicht neu und schön und sauber. Es muss gewaschen werden, es darf betankt werden, es muss gepflegt und gewartet werden. Wenn wir eine neue Liebe finden, dann bleibt die nicht neu und schön und … naja, sauber passt jetzt vielleicht nicht so ganz in dem Zusammenhang. Aber du verstehst, worauf ich hinaus will?
Etwas zu schaffen, etwas zu erreichen, etwas zu finden, geschenkt zu bekommen, zu kaufen usw. und so fort, setzt voraus, dass die eigentliche Arbeit erst dann beginnt, wenn wir das erste Ziel erreicht haben:
das Zusammenfinden zweier Dinge.
Dann beginnt die Zeit des Erhaltens, der Fürsorge, der Pflege, der Wertschätzung und der Wartung. Um es mal mit verschiedenen Worten für verschiedene Anlässe zu definieren. Ich selbst befinde mich grad auf einer Großbaustelle an Wartungsarbeiten am eigenen Leben. Nachdem es mich die letzten Monate sowohl körperlich als auch emotional doch sehr durchgewuselt hat, bin ich fast gewillt zu glauben, dass ich nie wieder etwas für selbstverständlich nehmen möchte. Denn das ist oft der Beginn einer Art Gleichgültigkeit gegenüber dem anderen Part. Sei das der Partner, der eigene Körper oder materielle Dinge, die einem anvertraut werden.
Hegen und pflegen
Darum geht es. Ständig. Ich kann nicht erwarten, wenn ich nichts für mich tue (weil keine Zeit, keine Lust, schlechtes Wetter, leerer Kühlschrank, schwerer Kopf, lahme Beine, allgemeine Unzufriedenheit etc.), dass mein Körper, mein Leben, mein Gegenüber – etwas für mich tut. So funktioniert es einfach nicht.
Und gerade jetzt – in diesem neuen Leben – mit neuem Wohnort, neuer Umgebung, neuen Menschen, überhaupt alles neu – merke ich, dass es sehr schön ist, sich um Dinge zu kümmern. Nicht nur um Dinge, sondern auch um mich selbst. Es hört nicht alles auf, wenn du den Gipfel erreicht hast. Es fängt erst an.
Es tut ehrlich gut, sich um die Sachen zu kümmern, die einem anvertraut wurden. Ich stehe sportlich gesehen gerade wieder ganz am Anfang. Okay, nicht ganz, denn ich bin nach wie vor wesentlich leichter als noch vor fünf Jahren. Ich habe keine Ahnung wieviel ich wiege, weil ich keine Waage mehr besitze (auch ein schönes Gefühl!). Aber die Hosen passen mir weitestgehend, haha, also dürfte das alles noch im Lot sein. Und dieses am Anfang stehen mag ich irgendwie. Erst konnte ich mich damit nicht zurechtfinden, denn ich war doch schon soviel weiter! Und dieses Jahr steht definitiv kein Halbmarathon auf dem Plan geschweige denn ein 10-Kilometer-Lauf. Daran ist grad nicht zu denken. Und ich mag es, weil dieser Anfang wieder anders ist als alle anderen. Und er bedeutet für mich, dass wieder alles offen ist. Es gibt kein vorgegebenes Ende in dieser Geschichte. Ich schreibe sie neu. Jedes Mal wieder.
Vor ein paar Tagen habe ich mich mit meinem Freund Christian Holzknecht unterhalten über die Thematik des Scheiterns. Christian hat dieses Wort längst aus seinem Wortschatz verbannt. Er sagt: „Ich scheitere nicht. Ich lerne.“ Und das gefällt mir. Ja, ich lerne auch. Immer wieder. Immer neu. Für mich derzeit ganz oben auf der Lernliste:
Alles, was mir wichtig ist, gut zu pflegen und gut dafür zu sorgen.
Dazu gehöre ich selbst, mein Geist, mein Körper, meine Liebe, mein Auto, meine Wohnung, meine Beziehungen, mein Job und auch mein Blog und meine Leser. Das ist es, was mir wichtig ist im Leben.
Deswegen werde ich die nächsten Tage ein wenig umbauen hier und den Wartungsmodus (haha, wie passend!) einschalten. Ich brauche mehr Platz. Ich möchte wieder Rezepte posten und für weitere Themen Platz schaffen. Denn es geht nicht nur um vegan und Marathon. Es geht um viel mehr.
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